Der Lehrerberuf gilt als notorisch gesundheitsgefährdend. Deshalb widmet sich die KME in einem mehrjährigen Weiterbildungsprojekt dem Thema Gesundheit. Das Fazit: Mehrheitlich geht es den Angestellten gut, aber es gibt auch Verbesserungspotenzial.
«Gesundheit lässt sich nicht kaufen», pflegte meine «Nonna», die erst kurz vor ihrem 96. Geburtstag verstarb, zu sagen. Da hatte sie recht – wenn auch nur teilweise. In der Schweiz, in einem Land mit gutem medizinischem Personal und ebensolchen Medikamenten, können wir Gesundheit zumindest teilweise kaufen. Trotzdem spielen auch andere Faktoren eine Rolle, insbesondere der Lebensstil wie auch die genetische Veranlagung. Aber wann ist man überhaupt gesund?
Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit nicht nur als das Fehlen von Krankheit und Gebrechen, sondern als «Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens». Um diesen zu erreichen und aufrechtzuerhalten, ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Gesundheit wichtig. Das grosse Interesse am Thema verdeutlichen frühere Umfragen unter den Lehrpersonen über Wunschthemen für Weiterbildungen.
«Das grosse Interesse am Thema verdeutlichen frühere Umfragen unter den Lehrpersonen über Wunschthemen für Weiterbildungen.»
Im Jahr 2019 beschloss die Weiterbildungskommission dieses umfassende Thema in Angriff zu nehmen. Mit dem Ziel, den Gesundheitszustand aller Mitarbeitenden der KME zu eruieren, planten wir eine ausführliche Online-Umfrage und eine Präsentation der Resultate und Schlussfolgerungen am Weiterbildungstag im September 2020. Passend zum Thema Gesundheit machte die Corona-Pandemie unserer Planung einen Strich durch die Rechnung.
Wir entschieden uns, die Befragung um ein Jahr zu verschieben, da kaum aussagekräftige Resultate zu erwarten waren, wenn man bedenkt, dass wir innerhalb eines Wochenendes unseren Präsenzunterricht vollumfänglich auf Fernunterricht umstellen mussten. Dieses aufreibende Wochenende werden die meisten von uns wohl nicht so schnell vergessen – gesundheitsfördernd war es sicherlich nicht.
«… die KME schnitt in Sachen Gesundheit deutlich besser ab als vergleichbare Schulen.»
Im Juni 2021 konnte endlich der Link zur Online-Umfrage IEGL «Inventar zur Erfassung von Gesundheitsressourcen im Lehrerberuf» (einer Testbatterie der österreichischen Firma COPING) verschickt werden. Aufgrund ihrer Antworten wurden die Mitarbeitenden einem von vier «Arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM)» zugeteilt.
Man unterscheidet zwischen Muster G (gesund), S (Schutz- oder Schonungshaltung), A (hohe Anstrengung) und B (Burnout-gefährdet), wobei die beiden letztgenannten als gesundheitliche Risikomuster gelten. Die folgende Tabelle erläutert die vier Muster und deren Unterschiede ausführlicher.
Im Rahmen der Umfrage wurden auch Informationen zu gesundheitlichen Beschwerden gesammelt sowie ein Arbeits-Bewertungs-Check durchgeführt, in dem die Arbeitsverhältnisse analysiert wurden. Der Bildungsreferent Siegfried Seeger präsentierte am Weiterbildungstag im September 2021 als externe Fachperson die Ergebnisse der Umfrage. Die erste schöne Überraschung war: Die KME schnitt in Sachen Gesundheit deutlich besser ab als vergleichbare Schulen.
Der Anteil G-Muster war doppelt so hoch wie in der Vergleichsstudie (34% gegenüber 17%), derjenige der B-Muster dreimal kleiner (9% gegenüber 29%). Weniger erfreulich war, dass in der Verwaltung tätige Personen signifikant stärker von gesundheitlichen Beschwerden betroffen sind als das unterrichtende Personal.
Unter den Lehrpersonen finden sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So sind Lehrerinnen drei Mal häufiger in der Risikogruppe B und seltener in der Gesundheitsmustergruppe G. Damit verbunden zeigen die Männer eine signifikant höhere innere Ruhe und Ausgeglichenheit als die Frauen. Auch Unterschiede im Alter sind feststellbar (vgl. Abb. 1). Allerdings verfügen alle Personen, obschon sie primär einem Typ zugeordnet werden, über einen Mix aus den vier Mustern mit unterschiedlichem Schwerpunkt.
Bei den untersuchten «Arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster» gab es ebenfalls interessante Unterschiede der KME im Vergleich zu anderen Schulen: Im Bereich «Emotionen» stehen wir deutlich besser da als im Bereich der «Widerstandskraft» (vgl. Abb. 2).
In den Arbeits-Bewertungs-Checks erzielten die guten Arbeitsbedingungen wie Sauberkeit und Lichtverhältnisse, die Zufriedenheit mit den Unterrichtsmitteln wie auch der störungsfreie und reibungslose Unterricht die höchsten Werte; für die tiefsten Werte sorgten die geteilten Arbeitsplätze (vgl. Abb. 3). Aufgrund der Auswertung suchten wir Lösungsansätze für eine bessere Gesundheit und gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen, welche die Weiterbildungskommission auswertete, priorisierte und schliesslich der Schulleitung weiterleitete.
Zu den vielseitigen und teilweise kreativen Vorschlägen gehörten: Gründung einer Kommission Kinderbetreuung, Stärkung und Rollenklärung der Mediothek, Förderung des Generationenaustausches und der Partizipation des Lehrkollegiums, Optimierung der Kommunikation, Reduktion der Arbeitsbelastung der Verwaltung, Auseinandersetzung mit Wachstum und Leistungsanforderungen der KME oder Überarbeitung des Basisjahr- und Teilzeitlehrgangs.
Natürlich sind allfällige Massnahmen zur Steigerung der Gesundheit bei einigen Personen dringend – zu diesem Zweck wurde nochmals darauf hingewiesen, dass sich alle Mitarbeitenden jederzeit vertraulich an die Lehrpersonenberatung der KME wenden dürfen. Was nimmt man nun mit? Ich denke, das ist für jede Person unterschiedlich.
Wir wissen jetzt aber, wo allenfalls Probleme sind und hoffentlich auch, wie man diese lösen kann – teilweise mit einfachen Massnahmen, teilweise dürfte sich die Umsetzung jedoch schwierig gestalten und auf Ebenen liegen, auf die man keinen oder wenig direkten Einfluss hat.
«… für die perfekte Gesundheit DARF man kein perfekter Mensch sein!»
Wichtig finde ich insbesondere, dass man durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema «Gesundheit» in Zukunft bewusster und regelmässiger an die eigene gesundheitliche Verfassung denkt und daran arbeitet. Aufgrund der Analyse der Ergebnisse schrieben wir mit Siegfried Seeger für das Schuljahr 2022/23 sechs gesundheitliche Workshops aus mit Titeln wie «Gut für sich selbst sorgen» oder «Fels in der Brandung anstatt Hamster im Rad».
Um zu überprüfen, ob sich die Gesundheit an der KME verbessert hat, wird voraussichtlich im Frühsommer 2024 eine Folgeerhebung des IEGL durchgeführt. Zum Abschluss noch etwas, das ich neben vielem anderem mitgenommen habe: Für die perfekte Gesundheit DARF man kein perfekter Mensch sein!